Neubeginn im Nachkriegsdeutschland - Kapitel 6{2}

Erste Aufnahme – Wie war es?
Heutige Wohnorten Dauer
Erstaufnahmen Wie war der Neubeginn

   
(Gesamter Text Kapitel 6 hier Kap. 6 komplett)
 


 

Erste Unterkunft und Neubeginn

Nach der Flucht landete etwa ein Drittel aus der Gruppe der 305 geflüchteten Frauen in verschiedenen Flüchtlingslagern. Fast die Hälfte der Befragten wurde bei fremden Leuten einquartiert. Nur ein Fünftel fand bei Verwandten eine erste Bleibe.

Im Fragebogenabschnitt zum „Neubeginn“ charakterisieren die geflüchteten und vertriebenen Frauen ihre Behausungen meist als „Lager“, als „Unterkunft“ oder als „Einquartierung“. Kaum 20 Prozent sprechen von einer „Wohnung“.

Wie war der Neubeginn?

Die Antworten auf die Frage nach der Art des Neubeginns bzw. der Aufnahme sind vielfältig und spiegeln unterschiedliche Erfahrungen wider. Je nach den individuell vorgefundenen Bedingungen wird die Aufnahme überwiegend als „unfreundlich“, „ablehnend“, „abweisend, nicht willkommen“, „argwöhnisch, distanziert“, „sehr schwierig“, „hart und mühsam“, „sehr schlecht“, „belastend“ oder „demütigend“ bezeichnet. Es gibt jedoch auch etliche Befragte, die bei ihrer Ankunft im Westen bessere Erfahrungen gemacht haben. Sie beurteilen die Aufnahme als „gut“, „menschlich“, „zufriedenstellend“, „normal“, „im Allgemeinen problemlos“, „freundlich“, in Einzelfällen sogar als „sehr freundlich“.

Die Textpassagen vermitteln einen Eindruck von der Breite dieses Spektrums von Wahrnehmungen:

„Aufnahme in Turnhalle, dann in Baracken bis 1950.“

„Die Polizei musste die Wohnungstür bei unserer Einquartierung aufbrechen, weil [der] Hausbesitzer die Aufnahme verweigerte. Im uns zugewiesenen Zimmer stand ein einziger Stuhl. Wir waren neun Personen.“

„Das Einleben war schwer, da Ablehnung offensichtlich wurde. Nur mit staatlichem Druck gab es Unterkunft und meist minderwertige Nahrung.“

„Wir wurden nach H., Kreis Waren, gebracht und dort einem Bauern […] zugeordnet, der uns als Eindringlinge ansah und uns wie den letzten Dreck behandelte. Mein Bruder, 13-jährig, wurde bei einer alten alleinstehenden Frau einquartiert, wo er als Hilfe agierte und sehr gut behandelt wurde.
[Der Vater war seit 1942 vermisst.] Meine Großeltern und meine Mutter mussten bei dem Bauern arbeiten. Unsere Lebensmittelkarten mussten wir dem Bauern abgeben. Was wir zu essen bekamen, spottet jeder Beschreibung. […] Die Bauernfamilie war im Dorf bekannt für ihre schäbige Handlungsweise, auch früheren Fremdarbeitern gegenüber.“

„’Nur Flüchtling’. Mit Mutter allein, wir bekamen bei Bauern den schlechtesten Raum, ohne Heizung, mussten betteln gehen. Manchmal gab’s ein paar Kartoffeln, manchmal wurden die Hunde nachgehetzt. Es dauerte fast zehn Jahre, bis es etwas besser wurde.“

„Ein kleiner Bruder, der beim Einmarsch der Russen [in Sachsen-Anhalt] ein Jahr und vier Monate alt war. Haben unter viel’ Strapazen, Entbehrungen und Krankheiten die furchtbaren Jahre mit einem nicht einfachen Neubeginn durchstehen müssen. Wir beide kamen krank und entkräftet zu einem großen Bauern, wo uns soviel Arbeit abverlangt wurde, die nicht in unserem Zustand zu schaffen war. Ohne Schulabschluss und ohne Eltern blieb uns nichts anderes übrig.“

„20 Grad Minus, keine Feuerung, keine Möglichkeit zu kochen, bis wir Kohlen von den Zügen klauten. Die einheimische Bevölkerung war in keiner Weise auf uns vorbereitet und war auch nicht interessiert, zu erfahren, was wir durchgemacht hatten. Wir waren die ‚Polaken’“.

„Die Aufnahme war sehr unfreundlich. Im Gemeindebüro herrschte mich eine Angestellte an: ‚Was wollt ihr hier, wir haben genug solche Zigeuner, wie ihr seid, geht doch [hin], von wo ihr hergekommen seid.’ Diesen Ausspruch habe ich nie vergessen.“

„Leider waren die Vertriebenen bei den Einheimischen ‚Zigeuner, Angeber usw.’. Es war in Niedersachsen so wie auch im Schwarzwald. Darunter hat man psychisch schwer gelitten.“

„[In der damaligen DDR] gab es für uns […] zunächst auch nur Armut, Kränkungen und soziale Benachteiligungen.“

„Wir wurden im Lager R. äußerst unfreundlich aufgenommen. Obwohl wir alle krank waren, gab es keine ärztliche Betreuung. Das Lager in R. war von Stacheldraht umgeben, und wir wurden von der Volkspolizei bewacht.“

„Ablehnende Haltung in E. In R. auch zunächst Beschimpfungen und Ablehnung. Durch Geschäftsgründung meiner Eltern änderte sich die Haltung.“

„Die Aufnahme in M. war geteilt: freundlich, aber auch hasserfüllt. Nach und nach wurden wir im Dorf als Menschen akzeptiert. Ich selbst durfte nach zwei Jahren Schulausfall wieder zur Schule gehen.“

„Arm wie Kirchenmäuse, [wir besaßen] nur was wir auf dem Leib hatten.“

„Arbeit beim Bauern“.

„Aufbau einer so genannten Neubauernstelle“.

„Die Familie, die uns aufnehmen musste, hat uns freundlich und menschlich behandelt.“

„Wir erhielten ein kleines Zimmer mit einem Bett für drei Personen bei sehr freundlichen Menschen. Unter Mithilfe der gesamten Nachbarschaft wurde versucht, uns das Eingewöhnen zu erleichtern.“

„Die kleine Wohnung (Wohnküche und kleine Schlafkammer) war bei einer netten Bäuerin. Sie hat uns alles zur Verfügung gestellt, Betten und [Bett]-wäsche, Holz zum Heizen und ab und zu auch Kartoffeln.“

„Am 11. November 1946 wurde ich in den Kreis O. nach D. auf den Bauernhof Otto und Alma S. gebracht und dort aufgenommen. Herzensgut waren diese Menschen.“

„Am 28. März 1947 freundliche Aufnahme bei Familie Hans J. in L./Schleswig als Hausmädchen auf großem Bauernhof.“

„Freundliche Aufnahme bei den zuständigen Behörden.“

(Wird fortgesetzt. Gesamter Text Kapitel 6 hier Kap. 6 komplett)

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